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Handlungskonzept zum nachhaltigen Wirtschaften im LK GR - Langf.

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Handlungskonzept zum nachhaltigen Wirtschaften im Landkreis Görlitz - Langfassung

Nachhaltiges

Nachhaltiges Wirtschaften im Landkreis Görlitz die Straßen- und Verkehrsinfrastruktur der Region auf. 58 Neben der Schaffung einer leistungsfähigen Ost-West-Magistrale zwischen Mitteldeutschem und Lausitzer Revier ist auch eine grundlegende Verbesserung der Schienenfernverkehrsanbindung für Görlitz avisiert. Außerdem soll das Glasfasernetz flächendeckend ausgebaut werden und eine 5G-Modellregion entstehen. 59 Dies ist mit Blick auf die voranschreitende Digitalisierung von hoher wirtschaftlicher Bedeutung für den Landkreis. So betrifft die Digitalisierung alle Märkte, Unternehmen, Branchen, Prozesse und Produkte und wird Disruptionen auslösen, die insbesondere für eine Region im Aufholprozess Potenziale darstellen können. Der BDI schätzt die kumulierten Wertschöpfungspotenziale bis 2025 auf 1,25 Billionen EUR in der europäischen Industrie, davon über 400 Mrd. EUR allein in Deutschland 60 . Mit anderen Worten wird die Digitalisierung Wirtschaft und Gesellschaft in Zukunft maßgeblich prägen. Nach der kommunikationsgetriebenen Vernetzung zwischen den Menschen wird künftiges Wachstum vor allem beim automatisierten Informationsaustausch zwischen Endgeräten wie Maschinen, Fahrzeugen oder Teilen untereinander oder mit einer zentralen Leitstelle über Sensoren und Aktoren (= Internet der Dinge) gesehen. Dabei wird sich die nächste Stufe der Digitalisierung vor allem auf Industrieanwendungen fokussieren, wobei vorliegende Studien von einem rasanten Anstieg digital vernetzter Maschinen und Gegenstände ausgehen 61 . In den letzten Jahren nahm der Einsatz von digitalen Technologien wie Big Data und RFID sowie die Nutzung von Breitbandverbindungen vor allem in großen deutschen Unternehmen bereits signifikant zu 62 . Chancen ergeben sich für die Region darüber hinaus, dass disruptive Technologien Neuinvestitionen und veränderte Geschäftsmodelle nach sich ziehen, wobei sich der Nachteil der peripheren Lage des Landkreises angesichts des Bedeutungsverlustes räumlicher Distanzen reduzieren kann 63 . Zum Beispiel können Dienstleistungen, wie Wartungsarbeiten an Maschinen, durch Technologien wie Augmented oder Virtual Reality ohne physische Anwesenheit und daher von einer anderen Weltregion aus geleistet werden. Die Produktionsvernetzung durch moderne Kommunikations- und Informationstechnologien führt zu stark veränderten Möglichkeiten, welche eine Chance darstellen, die genutzt werden muss. Dazu müssen entsprechende infrastrukturelle Voraussetzungen geschaffen werden, welche Investitionsentscheidungen und Neugründungen in die Region ziehen. Anderenfalls droht ein Verlust an regionaler Wettbewerbsfähigkeit. Dies gilt umso mehr, als dass die Digitalisierung eine weitere Beschleunigung insbesondere auch bei der Verbreitung von Innovationen bedeutet, womit die Halbwertszeit bestehenden Wissens und Kompetenzen weiter abnimmt und sich Innovations- und Produktzyklen zusätzlich verkürzen. Letzteres wird von gesellschaftlichen Trends zusätzlich befördert, die auf eine stetige Individualisierung von Kundenbedürfnissen hinauslaufen. Der Bedeutungszuwachs zeichnet sich in einer überdurchschnittlichen wachsenden IT-Beschäftigung in Deutschland (+13% seit 2014) und Sachsen (+16%) ab. Im Landkreis Görlitz selbst ist das Beschäftigungsniveau in dem Bereich zwar ebenfalls steigend, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend 64 . Gelingt es der Region aber nicht, an neuen Wertschöpfungspotenzialen zu partizipieren, können sich die Chancen in dem Bereich auch schnell in Risiken wandeln (siehe unten). 58 Vgl. ebd. 59 Vgl. Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (2019). 60 Vgl. Roland Berger (2015). 61 Vgl. ZVEI, Fraunhofer ISI & IW Consult (2016). 62 Siehe Stat. Bundesamt (2017). 63 Vgl. Bertelsmann-Stiftung (2016). 64 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2018a). 24

Nachhaltiges Wirtschaften im Landkreis Görlitz 3.4 Risiken: Drohende Abwärtsspirale aus Strukturwandel sowie anhaltender Abwanderung von Fachkräften und Unternehmen Größte Risiken für die Region ergeben sich aus aktuellen Gesichtspunkten vor allem hinsichtlich der demografischen Entwicklung, zumal die ungünstigen bevölkerungsstrukturellen Ausgangsbedingungen ebenfalls – wenn auch abgeschwächt – für die benachbarten osteuropäischen Regionen gelten und mit dem Re-Urbanisierungstrend sowie dem anstehenden wirtschaftlichen Strukturwandel bei gleichzeitig weiter intensivierter globaler Standortkonkurrenz einhergehen. In Summe können diese Faktoren in den nächsten Jahren eine anhaltende, sich selbst verstärkende Abwärtsspirale auslösen. Die existente demografische Schieflage, die sich bereits am Arbeitsmarkt ungünstig auswirkt, wird sich den Prognosen zufolge in den kommenden Jahren speziell im Landkreis weiter verschärfen. So erwarten die Bevölkerungsprognosen bis 2030 einen Rückgang der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter (20 bis unter 65 Jahre) von 29% gegenüber dem Bevölkerungsstand von 2014. Das wäre der zweitstärkste Rückgang aller Kreise in Sachsen. Das Durchschnittsalter im Landkreis würde sich auf über 50 Jahre erhöhen. 65 Die bereits bestehenden Fachkräfteengpässe drohen sich hierdurch in einen breiten Arbeitskräftemangel zu verstetigen. Dabei spielt zum einen die natürliche Bevölkerungsentwicklung eine Rolle. So werden in den kommenden Jahren vor allem die geburtenstarken Jahrgänge der späten 1950er und frühen 1960er Jahre in Rente gehen, wobei parallel die geburtenschwachen Jahrgänge der 1990er Jahre das arbeitsmarktfähige Alter erreichen. Gleichzeitig ist im Landkreis nahezu flächendeckend ein Geburtendefizit zu beobachten 66 . Auf der anderen Seite ist es dem Landkreis auch aufgrund des Zuzugs von Ausländern in den vergangenen Jahren gelungen, einen positiven Wanderungssaldo aufzuweisen. Im Vergleich zu Sachsen insgesamt sind dabei der Anteil aus osteuropäischen Ländern sowie der Frauenanteil bei der ausländischen Bevölkerung im Landkreis deutlich höher. 67 Auch der Workshop und die Expertengespräche betonten, dass der Landkreis von seiner Nähe zu Tschechien, aber vor allem Polen fachkräfteseitig momentan profitiert. Allerdings wurde gleichzeitig zu bedenken gegeben, dass aufgrund ähnlich gelagerter demografischer Herausforderungen sowie der Verbesserung der dortigen wirtschaftlichen Situation und Einkommen infolge von Neuansiedlungen und Wirtschaftswachstum die künftigen Potenziale eher begrenzt sind und die derzeitigen tschechischen und polnischen Beschäftigten langfristig schwierig zu halten seien. Hinzu käme eine anhaltende Abwanderungsneigung in jüngeren, arbeitsfähigen Jahrgängen. So üben der Re-Urbanisierungstrend 68 und ein auch damit verbundener Anstieg der Akademisierungsrate auch bei grundsätzlich verbesserten Beschäftigungschancen einen anhaltenden Abwanderungsdruck auf die Region aus, die nur über eine niedrige Bevölkerungsdichte und nicht über eine größere Universität verfügt 65 Statistisches Landesamt Sachsen (2016), Variante 2. 66 Vgl. Statistisches Landesamt Sachsen. 67 Vgl. ebd. 68 Bundesweit stiegen in den letzten zehn Jahren die Einwohnerzahlen fast aller Großstädte außerhalb des Ruhrgebiets. Auch Bevölkerungsprognosen fallen für Großstädte deutlich dynamischer aus als für Gesamtdeutschland. Das Wachstum der Städte speist sich vorwiegend aus überregionalen Zuzügen junger Menschen zwischen 18 und 29 Jahren. Auch ältere Menschen ziehen wieder verstärkt in die Städte. Der Grund liegt in den städtischen Agglomerationsvorteilen – das bedeutet, dass sich die Lebensstile dynamischer wandeln, die soziokulturelle und die Bildungsinfrastruktur vielfältiger sind und multimodale Mobilität leichter fällt. 25

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